Die Gottesmutterikone von Kursk

Geschichte der Gottesmutterikone von Kursk mit dem Beinamen “von der Wurzel”
Im 12. Jahrhundert erlitt das Gebiet von Kursk, wie beinahe das gesamte damalige Rußland eine schreckliche Verwüstung durch den Einfall der Tataren. Die Stadt Kursk wurde vollständig zerstört und verwandelte sich in eine unwirtliche, von einem Urwald überwucherte und von wilden Tieren bewohnte Einöde. Die Einwohner der etwa 90 Werst (162 km) von Kursk entfernten Stadt Ryl’sk, die durch einen glücklichen Zufall von dem Pogrom der Tataren verschont geblieben war, pflegten dort auf Jagd zu gehen. Und so geschah es, daß am 8.September 1295, dem Festtag der Geburt der Allerheiligsten Gottesgebärerin, eine kleine Schar von Jägern aus Ryl’sk am 27 Werst (48,6 km) von Kursk entfernten Fluß Tuskora auf Jagd ging. Während einer dieser Jäger, ein ehrwürdiger und frommer Mann, im Wald nach Jagdbeute Ausschau hielt, stieß er auf eine Ikone von nicht sehr großen Ausmaßen, die umgekehrt auf einer Baumwurzel lag. Kaum hatte er die Ikone aufgehoben, um sie anzuschauen, als aus der Stelle, auf der sie lag, eine kräftiger, üppiger Quell klaren Wassers hervorsprudelte.

Die Ikone gehörte zu dem Typos der Gottesmutterikonen “Znamenije” (Wunderzeichen). Dem Jäger, der sie gefunden hatte, war klar, daß es sich hier nicht um eine gewöhnliche Ikone handelte. Er rief seine Begleiter, und mit vereinten Kräften fällten sie sogleich Holz für eine kleine Kapelle, in welcher sie die so gefundene Ikone aufstellten. Nachdem die Bewohner von Ryl’sk von der neu erschienenen Ikone der Mutter Gottes erfahren hatten, begannen sie, diese zu besuchen und anzubeten, und zahlreiche Wunder ereigneten sich durch diese Ikone.

Als der Ryl’sker Fürst Vasilij Schemjaka von der Ikone hörte, befahl er, sie in die Stadt Ryl’sk zu bringen, was auch unter großen Feierlichkeiten geschah. Die ganze Stadt ging der in einer Prozession herangetragenen wundertätigen Ikone entgegen. Nur Vasilij Schemjaka selber weigerte sich, an dem Fest teilzunehmen, worauf er erblindete. Nach inbrünstiger Reue und Gebet vor der Ikone konnte er wieder sehen. Aus Dankbarkeit hierfür baute er in Ryl’sk eine der Geburt der Mutter Gottes geweihte Kirche, in welcher er die Ikone aufstellen ließ, und von da an wurde am 8. September, dem Tag ihrer Erscheinung, ihr alljährliches Fest begangen.

Aber nicht lange verblieb die Ikone in Ryl’sk. Dreimal verschwand sie auf wunderbare Weise von dort, und man fand sie an dem Ort wieder, wo sie zuerst dem Jäger erschienen war. Da begriffen die Ryl’sker, daß es der Mutter Gottes wohlgefällt, wenn ihre Ikone an dem Ort ihrer Erscheinung bleibt, und so errichteten sie dort eine Kapelle, in welcher die Ikone für immer aufstellten.

1385 wurde das Gebiet von Kursk erneut von den Tataren verwüstet. Sie versuchten auch die Kapelle und die Ikone zu verbrennen, aber die hölzerne Kapelle geriet nicht in Brand. Der neben der Kapelle wohnende Priester, Vater Bogolep, erklärte ihnen, daß die Ursache für dieses Wunder in der Ikone selber liege. Daraufhin hauten die erzürnten Tataren die Ikone mittendurch, und warfen die zwei Hälften in verschiedene Richtungen, die Kapelle aber brannten sie nieder. Den Priester nahmen sie gefangen und verbannten ihn auf die Krim, wo er die Herden der Tataren weiden mußte. Nach einiger Zeit wurde er von den Gesandten des Moskauer Fürsten, die zur Tatarenhorde gekommen waren, losgekauft, und so kehrte er zu dem Ort zurück, an dem die Kapelle stand. Nachdem er lange unter Gebet und Fasten gesucht hatte, fand er die beiden Hälften der heiligen Ikone, legte sie aneinander, und sie wuchsen so gut zusammen, daß keine Spur von dem Schnitt übrigblieb und an der Stelle nur so etwas “wie Tau” herauskam.

Als die Bewohner von Ryl’sk von diesem Wunder erfuhren, wollten sie die Ikone wieder in ihre Stadt bringen, aber wiederum kehrte sie von dort an ihren Ort zurück, und von da an blieb sie dort fast zweihundert Jahre lang, wobei sie zur Ursache zahlreicher Wunder wurde.
Die Stadt Kursk wurde 1557 unter dem Zar Feodor loannovic wieder aufgebaut, und damals wurde die heilige Ikone auf seinen Befehl nach Moskau gebracht, wo der fromme Zar viel vor ihr betete und sie in einen Rahmen einfassen ließ mit einer Darstellung des Herrn als Sabaoth oben und der Propheten, die über die Mutter Gottes geweissagt hatten, an den Seiten. Die Zarin Irina Feodorovna schmückte die Ikone mit einer reichen Verkleidung, worauf die heilige Ikone wieder in ihre Kapelle zurückgebracht wurde. Im selben Jahr wurde unter Beistand des Zaren anstelle der Kapelle eine Kirche zur Geburt der Allerheiligsten Gottesgebärerin errichtet und ein Kloster gegründet; außerdem wurde über der Quelle am Erscheinungsort der Ikone eine weitere, der “Lebenstragenden Quelle” geweihte Kirche gebaut. Das neue Kloster wurde “Korennaja Pustyn'” (Wurzel-Einsiedelei) genannt, in Erinnerung an die Erscheinung der Ikone an einer Baumwurzel.

Im Jahre 1598 wurde die heilige Ikone wegen des Einfalls der Krimtataren in Südrußland sicherheitshalber nach Kursk gebracht, und in der Einsiedelei wurde eine exakte Kopie von ihr aufgestellt. 1603 entführte sie der Falsche Demetrius aus Kursk in sein Lager nach Putivlj, und dann nach Moskau, wo sie bis 1615 in den kaiserlichen Gemächern verblieb, als sie auf Geheiß des Zaren Michail Feodorovic nach Kursk zurückkehrte und in der dortigen Kathedrale aufgestellt wurde – und im Jahre 1618 in der Kirche des “Znamenskij” (Wunderzeichen-) Klosters. Von dieser Zeit an blieb die hl. Ikone den größten Teil des Jahres in Kursk, in die Korennaja Pustynj jedoch wurde sie nur zeitweise gebracht. Von 1806 an wurde auf höchsten Befehl festgelegt, daß die hl. Ikone vom Freitag der 7.Woche nach Ostern an bis zum 12. September in der Korennaja-Pustynj bleiben muß. An diesem Tag wurde die hl. Ikone in einer feierlichen Prozession aus Kursk in die Korennaja Pustynj getragen, die sich vom Snamenskij-Kloster in Kursk bis zur Korennaja Pustyn insgesamt 27 Werst (48,6 km) hinzog. Ebenso wurde sie zurückgebracht. Diese Ordnung wurde bis 1919 eingehalten, als die hl. Ikone Rußland verließ.

Im Jahre 1676 unternahm die hl. Ikone eine Reise an den Don, um die dortigen Don-Kosaken
Regimenter zu segnen. 1684 sandten die Zaren loann und Pjotr Aleksejevic eine Kopie der hl. Ikone in die Korennaja-Pustynj mit dem Befehl, daß diese Kopie die rechtgläubigen Krieger auf ihren Feldzügen begleiten solle. 1687 besuchte die hl. Ikone das “große Regiment”. 1689 erhielten die Regimenter im Krimfeldzug Kopien der hl. Ikone. 1812 wurde dem Fürsten Kutusov für die aktive Armee eine Kopie der hl.Ikone geschickt.

Es gab viele Kopien der heiligen Kursk-lkone “von der Wurzel”, die ebenfalls als wundertätig berühmt waren.

In der Nacht vom 7. auf 8. März 1898 wollten böswillige atheistische Revolutionäre mit Hilfe einer Höllenmaschine die wundertätige Ikone in die Luft sprengen, aber der Herr Jesus Christus verherrlichte noch mehr seine Allerreinste Mutter, denn trotz der schrecklichen Zerstörung in der Kirche um die Ikone herum, blieb diese selber unversehrt.

Am 12. April 1918 wurde die hl. Ikone aus der Kirche des Znamenskij-Klosters gestohlen und geplündert, aber am 2. Mai wurde sie wieder gefunden und an ihren Standort zurückgebracht.
Schließlich verließ die hl. Ikone im Jahre 1919 in Begleitung von Bischof Feofan von Kursk und Obojanj und einiger Brüder des Znamenskij-Kloster Rußland und wurde in das freundschaftliche Serbien gebracht. 1920 besuchte sie auf Bitte von General Wrangel noch einmal russischen Boden auf der Krim und blieb dort bis zur allgemeinen Evakuierung der Russischen Armee des General Wrangel in den ersten Novembertagen des Jahres 1920. Die hl. Ikone kehrte nach Serbien zurück, wo sie bis 1944 blieb, als sie zusammen mit dem Bischofssynod ins Ausland reiste, und nach dem Krieg befand
sie sich in München bei Metropolit Anastasij.

1951 übersiedelte Metropolit Anastasij nach Amerika. Dort fand die wundertätige Ikone Platz in der Novaja Korennaja Pustynj in Mahopak bei New York. Seit 1957 weilt sie ständig in der ihr geweihten Hauptkirche des Bischofssynods in New York. Von Zeit zu Zeit reist die Ikone zu den Orten, an welche die russischen Flüchtlinge in der ganzen Welt zerstreut wurden. Jetzt, wo die russischen Emigranten aus Deutschland in verschiedene Teile der Welt ziehen, beten alle, soweit sie die Möglichkeit haben, vor ihrer Abreise vor der Ikone und bitten unsere wunderbare Beschützerin um ihre Hilfe und ihren Segen für das Leben an neuen, unbekannten Orten.
Wir sahen aus der Geschichte dieser heiligen Ikone, daß sie schon immer viel gereist ist, aber stets zu ihrem Heimatort zurückkehrte, wohin auch immer man sie entführt hatte. Wenn man sie nicht freiwillig zurückgebracht hatte, dann kehrte sie von alleine auf ihren Platz zurück. Wir sahen auch, daß alle Versuche, die hl. Ikone zu zerstören, nur zu ihrer noch größeren Verherrlichung führten. Und indem sie unsere schwere Verbannung und unser Leben unter fremden Völkern mit anderem Glauben teilt, schützt uns die hl. Ikone ganz gewiß vor der Vernichtung durch unsere Feinde – und sie wird wieder an ihren ursprünglichen Platz in die Korennaja Einsiedelei und in das Snamenskij-Kloster der Stadt Kursk zurückkehren, wenn die vom Herrn dafür bestimmte Zeit reif ist. Wollen wir fest darauf vertrauen, daß dies so kommen wird; die ganze Geschichte der hl. Ikone steht als Bürgschaft hierfür. Und sie wird auch uns alle in die Heimat mitnehmen, die wir mit Glauben und Liebe vor ihr niederfallen, die wir ihre Hilfe und ihren Beistand erwarten und suchen.

Allerheiligste Gottesgebärerin, rette uns!

Tropar, Ton 4

Als eine unüberwindliche Mauer
und Quelle der Wunder,
haben wir Dich erworben, Gottesgebärerin Allreinste,
deshalb besiegen wir die Heerscharen der Widersacher,
indem wir Dich bitten,
unserem Vaterland Frieden zu schenken
und unseren Seelen große Gnade.

Kondak, Ton 4

Kommt, ihr Gläubigen,
laßt uns die wunderbare Erscheinung des allehrwürdigen Bildes der Gottesmutter lichterfüllt feiern,
und Gnadengaben von ihm schöpfend
laßt uns in Rührung rufen zu Der,
die dieser Ikone Urbild ist:
freue Dich, Maria Gottesgebärerin,
Mutter Gottes, Gesegnete.

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